Tag 3 – Wir wollten hoch hinaus und sind…
Inmitten des Großstadttrubels wirken tausende Einflüsse gleichzeitig auf mich ein. Besonders blickende, grelle Werbung und Töne und Melodien kämpfen jederzeit um die ungeteilte Aufmerksamkeit.
Die Koreaner laufen unbeeindruckt weiter, schon abgestumpft?
Eventuell herrscht hier aber einfach auch nur ein anderes Empfinden für Design und Farben, Musik und Komposition.
Asiatische Musik ist anders, K-Pop war ein gutes Beispiel dafür. Für meinen westlichen Geschmack viel zu aufgedreht und „over the top“.
Doch selbst in der U-Bahn und Bussen finden sich diese lauten, immer wiederkehrenden Melodien wieder. Fährt die nächste Bahn ein, so ertönt eine Melodie. Circa 10 Sekunden lang. So weiß jeder: die Bahn ist da. Aus fast jedem Laden tönt laute Musik, einige Fronten haben sogar Lautsprecher nach außen. Einige Werbeplakate spielen sogar Töne ab, wenn man sie ansieht oder dran vorbeiläuft. Schöne Grüße aus der Marketinghölle.
Viele Werbungen und Plakate sind in hellen, grellen Primärfarben gehalten, Farbkombinationen die absolut nicht zusammenfassen passen, zumindest für mein westliches Kunstverständnis wirkt es wie schlechtes Design. Aber vor kurzem habe ich einen Artikel darüber gelesen, dass unterschiedliche Kulturen Farben unterschiedlich wahrnehmen. Wen es interessiert: Hier eine passende Infografik dazu.
Komischerweise spiegelt sich dies absolut nicht im Kleidungsstil der Koreaner wieder. Der ist eher schlicht, unauffällig, und minimalistisch. Die abgefahrenen Outfits, die man bei uns so kennt, bleiben hier zum großen Teil den Stars vorbehalten.
Außerdem sind Ladenfronten hier selten mit Logos oder Marken versehen sondern eher zweckdienlich. Auf den ganzen PC Bangs steht bloß „PC Bang“, das Logo oder die Firma wie etwa „United“ steht so gut wie gar nicht im Vordergrund. Apropos Logos: Sehr viele Logos sind hier zweisprachig, zumindest die von Ketten.
Aber zurück zu unseren Erlebnissen. Der Mittag began in Myeong-dong, dem Touri- und Shopping Viertel von Seoul. Es ist nicht so, dass ich unbedingt shoppen wollte, es lag einfach nur nah genug am Seoul Tower, den wir gegen Abend besichtigen wollten.
Es hat mich allerdings schon interessiert, wie die Läden hier so aussehen und welche Marken hier vertreten sind, allerdings habe ich dahingehend nicht wirklich aufregende Neuigkeiten. Rund 50% der Marken sind amerikanisch / international, es gab aber auch einen großen Anteil an koreanischen Ketten.
Besonders im Gedächtnis bleibt mir der Lotte Plaza – Komplex, der sich über 3 Hochhäuser erstreckte und je rund 7-12 Etagen fasste. Der Name Lotte mag aus früheren Blogs bekannt sein; eines der großen Konglomerate. Lotte hat unglaublich viel Grund und Immobilien, gefühlt 10% alle Häuser hier tragen den Namen „Lotte“ (auch Wohnhäuser).
Eines der Häuser hatte 26 Stockwerke, was ein super Ort gewesen wäre, „Downtown Seoul“ mal von oben zu sehen. Mit der Touri-Ausrede eigentlich kein Problem, allerdings brauchte man für die oberen Stockwerke eine Schlüsselkarte um hochzufahren. Verdammt. Fenster gibt es hier in Hochhäusern anscheinend nicht.
Kurzer Exkurs zum Thema Shopping: Es lohnt sich nicht, Kleidung, Elektronik, etc. aus Korea zu kaufen. Die Kleidung ist (für mich) viel zu klein (wer hätte das gedacht), Elektronik ist nicht wirklich günstiger.
Immer wieder fällt mir übrigens auf, dass es in Korea keine Mülleimer gibt. Man sucht überall vergebens nach Möglichkeiten seinen Abfall loszuwerden. Und damit meine ich tatsächlich überall. Eine Geschäftsidee für eine App. Wer mag, kann sich gerne bedienen.
Nächster Stop: Seoul Tower. Recht zentral und hoch auf dem Berg Namsan gelegen, überragt und prägt der Fernseherturm das Stadtbild. An der Spitze sind vier Etagen frei zugänglich, wobei davon zwei (sehr teure) Restaurant sind.
Den Berg erklimmt man entweder per Seilbahn, oder, wie in unserem Fall, mit dem Bus. Am Fuße des Turmes gibt es ein kleines Einkaufszentrum. Die Fahrt nach oben kostet rund 9€ und man kann so lange bleiben wie man lustig ist.
Wir sind gegen 18 Uhr hoch, und heilige Scheiße. Es bietet sich ein Blick über ganz Seoul. Naja, zumindest soweit man gucken kann. Die Stadt hat keine Grenzen, in jede, aber auch wirklich jede Richtung stehen dicht and dicht eine Menge Hochhäuser. Nachdem ich Los Angeles und New York von oben gesehen habe, dachte ich, dass ich alles gesehen hätte. Aber Seoul ist größer, höher, dichter.
Copy-Paste Hochhäuser und ein Bladerunner-esques Stadtbild, soweit man sehen kann. Kein Foto kann diesem Eindruck auch nur entfernt nahekommen. Absolut surreal.
Wir bleiben bis abends um uns auch einen Blick über die Stadt bei Nacht zu verschaffen und die gesamte Stadt erstrahlt in Lichtern und Werbetafeln (die man bereits vor Anbruch der Dämmerung über die ganze Stadt verteilt sieht).
Den Rückweg machten wir durch das Viertel Itaewon, in dem überwiegend US-Militärs und Touristen wohnen. Hannie führte uns in ein Burger Restaurant mit einem einfach unglaublichen Blick, siehe unten. Nicht nur der Blick war super. Im Gegensatz zu Gangnam und Seocho gab es hier eine Menge verworrener Straßen mit vielen Stufen, da das Gebiet am Fußes des Namsam liegt.
Auf unserer waghalsigen Erkundungstour ohne Plan und Naver haben uns arg verlaufen. Ein Einheimischer musste uns unter die Arme greifen und den Weg weisen. Der Dialog zwischen Hannie und ihm wirkte allerdings eher als hätten Sie sich beleidigt. Im Nachhinein stellte sich aber heraus, dass dem nicht so war und er nur meinte, dass der Weg sehr weit wäre und wir uns ein Taxi nehmen sollten.
Im Gegensatz zu meiner Erwartungen habe ich mich zu keinem Zeitpunkt in Seoul unsicher gefühlt, selbst in den verworrenen Gassen von Itaewon, in denen es zumeist dunkel war.
Das liegt vermutlich daran, dass jederzeit etwas los ist. Selbst um 2 Uhr in der Nacht trifft man noch verhältnismäßig viele Menschen, keine Straße ist leer. Wie auch, bei knapp 10 Mio Menschen…
Zudem hängen überall an jeder Ecke Überwachungskameras. Nicht nur draußen, sondern auch in jedem Geschäft. Selbst hier im Hostel. Schöne Grüße von George Orwell.
Allgemein scheinen die Koreaner kein Problem mit Sicherheit zu haben. Oft stehen die Tür auf den Fluren komplett auf (auch wenn keiner drin ist), einige Mitbewohner haben ihren Koffer aus Platzgründen auch in der Hotellobby stehen.
Obdachlose gibt es hier ebenso wenig wie Assis, in der ganzen Stadt sind mir bisher nur sehr wenige aufgefallen, die Leute verhalten sich sehr zivilisiert.
Das ist selbst in der U-Bahn erkennbar; anstatt wie Deutsche (und Holländer) wild reinzustürmen, stellen sich die Menschen hier in eine Reihe; an jedem Eingang exakt eine. Gleiches auch an Rolltreppen, Aufzügen und selbst an der Bushaltestelle, auch wenn nur drei Menschen dort warten.
Schwer beeindruckt falle ich nach 20km Fußweg ins Bett.