Korea – Hey Philipp, wie war’s?
Nach ein bisschen Abstand, sowohl geografisch als auch mental, möchte ich die Korea Reise noch einmal Revue passieren lassen. Ich bin wieder im deutschen Alltag angekommen, und hatte in etwa einen Monat Zeit, das Gesehene und Erlebte zu verarbeiten und den Trip von außen zu betrachten.
Wie war’s denn nun?
Vorab die Antwort auf die Frage, die allen auf der Zunge brennt: Nein, meine Stäbchen Skills haben sich immer noch nicht signifikant verbessert; auch gegen Ende kam ich mir vor wie der letzte Volldepp. Die Dinger sind einfach ineffizient. Es mag auch an mir liegen, aber die Stäbchen sind definitiv auch schuld. Wie können die Asiaten nur damit essen und wer hat sich das ausgedacht?
Zum Thema Wetter kann ich nur sagen: Es ist eine Menge gelaufen. Vor allem Schweiß. Dicke Zentraleuropäer sind für das Klima einfach nicht gebaut. Es war nicht heiß, im Gegenteil, eher angenehm. Teilweise war es abends sogar frisch (wenn man 20°C so nennen kann), das Wasser lief mir dennoch nur so runter. Vor allem am letzten Tag. Keine Sonne, nur Wolken, gefühlt aber trotzdem 152°C. Der springende Punkt ist die Luftfeuchtigkeit. Das könnte vielleicht auch erklären, warum an jeder erdenklichen Ecke Türme von Klimaanlagen stehen, die Tag um Tag ihr Bestes geben. Meistens aber auch einfach kaputt sind. Daher beneide ich Nils auch nicht darum, dass er bei knapp 35 Grad im Obergeschoss lebt, die letzten auch ihren Geist aufgegeben hat und den ganzen Flur im Dunklen stehen ließ. Wortwörtlich.
Einen Vorteil hat die Hitze aber gehabt: Die für deutsche Verhältnisse fast-tropischen 30 Grad ab der letzten Juni-Woche kommen mir nicht wirklich warm vor. Man kann also sagen, ich bin abgehärtet.
Trotz feuchter Hitze und tropischen Breitengrade gibt es erstaunlich wenig Ungeziefer. Das mag an der Stadt liegen, im Dschungel sieht die Welt sicher ganz anders aus, aber auch Fliegen und Wespen sucht man vergebens. Was ich allerdings nicht auf dem Schirm hatte waren die koreanischer Killermücken. Nein, sie sind nicht groß und auch nicht laut, aber die Stiche bleiben umso länger. Es hat knapp 3 Wochen gedauert bis mein Mückenstich am Knöchel restlos verschwunden ist. Für Hanni war das ganz normal.
Ebenso sauber wie die Luft von Ungeziefer sind die Straßen frei von Müll. Nirgendwo liegen größere Mengen von Müll; und wenn schon, sind diese spätestens am nächsten Werktag verschwunden. Jeden Morgen wird die Straße (von überwiegend alten Männern) von Hand sauber gemacht. Was in Deutschland verschriene Arbeit ist, wirkt in Seoul ganz normal.
Gleiches gilt für die U-Bahn. Selbst die Treppen werden händisch feinsäublich mit kleinen Bürsten gereinigt. Auch das ist mir in Deutschland noch nie unter die Augen gekommen.
Und wo wir gerade bei Sauberkeit und Hygiene sind – eine meiner größten „Befürchtungen“ vor der Anreise. Ich habe fest damit gerechnet, dass sowohl Restaurants nicht wirklich sauber sind und mich das ein oder andere Mal ekeln werde. Denkste. In vielen Restaurants liegt Folie auf dem Tisch, die nach dem Essen direkt neu bezogen wird. Die Umwelt dankt, aber dafür ist alles echt sauber. Magenschmerzen oder schlimmeres hatte ich, trotz sonst sehr empfindlichen Magen, nicht ein einziges Mal. Gut, wir waren jetzt nicht in den schäbigsten Spelunken, im Fünf-Sterne Restaurant haben wir auch nicht gegessen.
Interessanter kultureller Unterschied: Wenn man Essen geht, teilt man seine Bestellung mit allen. Wohingegen der Deutsche seinen Teller brav selbst ist, findet der Koreaner das sehr unhöflich. Selbst bei kleinen Burgern. Also Achtung!
Das Essen an sich war zwar kein Problem (Stäbchen…) , das Bestellen aber umso mehr. Und generell die Sprache. Englisch ist echt in Korea durchweg problematisch. Ohne Koreanisch ist man eigentlich fast verloren, gerade wenn man Hangul (das koreanische Alphabet) nicht lesen kann. Die Leute geben sich zwar Mühe, aber für mehr als „Cafe Latte“, „Hello“, „Thank you“ hat es nicht gereicht. Mein erster Eindruck aus früheren Blogs hat sich also bewahrheitet. Und das in der internationalen Hauptstadt Seoul.
Dennoch geben Sie die Menschen eine Menge Mühe, nett und gastfreundlich zu sein. Nicht einmal wurden wir „Touris“ schlecht behandelt, im Gegenteil. Zwar merkt man durchweg, dass man ein Fremder ist – ich bin nunmal kein Asiate – dennoch hat man auf der anderen Seite auch einen gewissen Promi-Status. Ich hätte es niemals gedacht, aber inmitten der Menschenmassen ist man schon etwas besonderes. Auch, weil man nicht sofort besoffen ist.
Die Koreaner saufen wie ein Loch. Oder vertragen sie einfach nicht so viel? Alle alkoholischen Getränke haben durch die Bank deutlich weniger Umdrehungen, eine Menge Besoffener kommen einem jedoch gerade Abends entgegen. Die Menschen arbeiten bis acht, gehen zwei, drei Stunden saufen und fallen dann um zehn oder elf wieder ins Bett. Und das gehört zum normalen Alltag. Sowohl junge als auch alte Leute. Wobei es zum Teil echt schwer ist, einzuschätzen wie alt jemand ist. Im Schnitt sehen die Asiaten deutlich jünger aus. Aber das Alter schätzen konnte ich ohnehin nie gut.
Die Handy Nutzung nimmt ebenfalls ein ganz anderes Ausmaß wie hier. Selbst Omas und Opas sind pausenlos am Handy; ich glaube so Kommentare wie: „Ihr jungen Leute guckt nur noch auf eure Bildschirme“, gibt es in Korea nicht. Da ist das einfach schon normal. Außerdem hat fast jeder das neuste Gerät. So viele iPhone X und Galaxy S9 habe ich noch nie gesehen. Anscheinend sind die Verträge einfach attraktiver und / oder das Smartphone hat einen deutlich höheren Stellenwert. Wer weiß.
Markenaffinität ist auch so ein Thema. Da sind die Einheimischen nämlich sehr national-stolz. Auf den Straßen fahren überwiegend koreanische Autos, vor allem Kia und Hyundai, die Elektronik ist zu großen Teilen von Samsung. Außer den Luxusmarken wie Apple, Mercedes-Benz und Audi ist wenig Platz für andere Importware.
Über die Produktvielfalt habe ich schon ein paar Sachen geschrieben: Teils sehr amerikanisch, (natürlich) koreanisch und ein bisschen japanisch. Vor allem beim Essen im Convenience Store gibt es auch viel japanisches Essen.
Die Convenience Stores haben übrigens nachhaltig beeindruckt. Nicht weil es dort besonders geiles Essen gibt oder weil es günstig war, sondern vielmehr, weil sie einfach überall sind und immer auf haben. Und weil auch in jedem Laden immer jemand ist. Supermärkte, also so „Mega-Stores“ wie Edeka, REWE oder gottbehüte Walmart habe ich hingegen nicht einmal gesehen. Und bis heute frage ich mich auch immer noch, wo die Leute in Seoul ihren Wocheneinkauf machen. Oder gibt es das Konzept dort überhäupt nicht?!
Was hat dir gefallen?
Vor allem das Stadtbild hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Auch wenn die Straßen in jeder Großstadt irgendwie ähnlich aussehen, war es gerade der Gesamteindruck und die Vielseitigkeit, die Seoul für mich so besonders gemacht haben. Es gibt enorme Hochhäuser mit betriebsamen Businessbezirken wie Gangnam, aber auch sehr traditionelle und ruhige Stadtteile wie Itaewon und Bukchon. Und das dicht and dicht. Trotzdem gibt es kein richtiges Stadtzentrum, wie es in Europa gang und gäbe ist. Der Kern ist überall und gleichzeitig nirgendwo. Diese dezentralen Strukturen sind definitiv eine Umgewöhnung, weil man nie wirklich den Eindruck hat, dass man alles gesehen hat. Überall gibt es etwas Neues (davon abgesehen, war das in zehn Tagen auch einfach nicht machbar).
Deshalb bleibt der Tag, an dem wir Seoul Tower besichtigt haben auch glaube ich der prägendste Moment der ganzen Reise. Wir waren inmitten von gefühlt einer Milliarde Menschen im Einkaufsviertel Myeong-Dong, auf dem Seoul Tower und abends im traditionellen und fast provinziell wirkenden Itaewon. Zwar habe ich eine Menge Eindrücke gesammelt – z.B. den surrealen Tag mit Modestep und den Marktbesuch – aber wenn ich an die Zeit zurück denke, dann schießt mir zuerst der Blick über die Stadt in den Kopf.
Essen war Tag für Tag ein wahres Erlebnis – die koreanische Küche hat Geschmäcker und Variationen auf Lager, die ich vorher noch nie probiert habe. Es war nicht unbedingt immer lecker, aber definitiv faszinierend. Mein persönlicher Favorit war definitiv Kimchi, dicht gefolgt von Bulgogi. Absoluter Erzfeind war dieses kack Maiswasser, wovon mir immer noch etwas schlecht ist, glaube ich. Wie kann man das denn trinken?! Aber selbst schuld, ich habe mir ja schließlich zur Aufgabe gemacht möglichst viel zu probieren.
Die Menschen haben mich ebenfalls positiv überrascht, kein Zweifel. Ich habe eher mit kühler Ablehnung als herzlicher Offenheit gerechnet. Nils hat nicht gelogen.
Und zu guter Letzt natürlich auch Nils – no homo. Natürlich war er der Grund, der mich nach Korea gebracht hat. Ich glaube ich kann für uns beide sprechen wenn ich sage, dass die Zeit zusammen echt gut getan hat. Und an dieser Stelle möchte ich mich auch nochmal an Nils und Hanni richten und noch einmal Dankeschön sagen. Ohne euch wär’s einfach nicht so cool gewesen.
Was hat dir nicht gefallen?
Überraschend wenig. Es war zu warm, wie schon angedeutet. Aber eher Nebensache.
Teilweise war es echt nervig nicht mit der Kreditkarte zahlen zu können, aber selbst schuld. Mit dem Bargeld ging es ja später.
Außerdem war die Dauerbestrahlung durch Werbung für meinen Geschmack etwas zu krass; ich fürchte allerdings, dass auch Deutschland bald nicht anders aussieht.
Möchtest du nochmal hin?
Ja und nein. Einerseits hat es mir super gefallen, deutlich besser als erwartet sogar, auf der anderen Seite gäbe es für mich keinen Grund, nochmal nach Korea zu fliegen. Eventuell um ein bisschen Landschaft zu sehen, Jeju soll laut Nils sehr schön sein, aber es gibt auf der Welt noch so viel andere Orte, die weiter oben auf meiner Liste stehen.
Wer mal ein bisschen was anderes erleben, kann mit Korea sicher nichts falsch machen. Es war für mich das erste Mal in Asien, daher hat der „Kulturschock“ vermutlich auch etwas dazu beitragen, dass ich aus dem Staunen nicht mehr rausgekommen bin. Die Menschen, die Kultur und das Stadtbild waren einfach mal etwas anderes. Ohne andere asiatische Länder gesehen zu haben, vermag ich allerdings kein Urteil zu fällen, wie sehenswert Korea im Gegensatz zu z.B. Japan oder Hong Kong ist.
Vielen Dank für’s Mitlesen!
Auch wenn ich mir für letzten Eintrag – gewollt – etwas Zeit gelassen habe, hoffe ich, ihr hattet Spaß beim Lesen und habt einen ehrlichen Eindruck über meine Zeit gewinnen können. Daher auch nochmal ein riesengroßes Dankeschön an alle, die bis hier gekommen sind.
Philipp
PS: Wo war ich überhaupt überall? Keine Ahnung. Aber hier die Orte, an die ich mich erinnern konnte: